Am 20. Oktober 2024 fand in der Gedenkstätte Grafeneck der Gedenkgottesdienst zum Gedenken an die Opfer der NS-„Euthanasie“ statt. Vor 85 Jahren, am 14. Oktober 1939, wurde Grafeneck vom deutschen Staat beschlagnahmt, und nur ein Jahr später begann hier die grausame „Aktion T4“. Im Jahr 1940 wurden unter der nationalsozialistischen Herrschaft 10.654 Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ermordet – kaltblütig vom Staat, mit Unterstützung von Ärzten, weil man diese Menschen als „lebensunwert“ deklarierte. Diese Verbrechen waren unsagbar schrecklich.
Nach dem Ende des Nazi-Regimes gründeten Eltern von Menschen mit Behinderung die Lebenshilfe. Sie stellten sich entschlossen gegen jede Form der Ausgrenzung und setzten sich dafür ein, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Rechte auf Bildung, Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe erhalten wie alle anderen. Sie wollten, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen, und kämpften dafür, dass Menschen mit Behinderung ein vollwertiger Teil unserer Gesellschaft werden.
Diese Rechte sind heute durch das Grundgesetz geschützt, doch leider gibt es auch heute wieder Tendenzen, Menschen auszugrenzen. Wir dürfen das nicht zulassen. Jeder ist aufgerufen, sich gegen solche Ausgrenzung zu wehren – ob im Gespräch oder in den sozialen Medien. Menschen mit Behinderung gehören in die Mitte unserer Gesellschaft, und niemand hat das Recht, sie als weniger wert zu behandeln.
Es gibt leider auch Menschen, die nicht wollen, dass an die Verbrechen der Nazis erinnert wird. Gedenkstätten wie Grafeneck werden angegriffen, und damit auch unsere gemeinsamen Werte. Die Lebenshilfe Baden-Württemberg, die Lebenshilfe Aalen und die Gedenkstätte Grafeneck stehen gemeinsam für eine offene und inklusive Gesellschaft. Wir alle müssen uns daran erinnern, was damals Schlimmes passiert ist, und darauf achten, dass solches Unrecht nie wieder geschieht. Wenn wir still bleiben, hält niemand diese Entwicklungen auf. Wir brauchen Ehrfurcht und Respekt vor jedem Leben.
Gemeinsam stark für eine inklusive Gesellschaft
Unser Landesverband, die Lebenshilfe Baden-Württemberg, und auch die Lebenshilfe Aalen sind Mitglieder im Verein der Gedenkstätte Grafeneck. Thomas Feistauer, Geschäftsführer der Lebenshilfe Aalen, nahm am Gedenkgottesdienst teil, um an die Opfer zu erinnern und unsere gemeinsame Verantwortung zu betonen. Sie können sich ebenfalls engagieren. Gemeinsam können wir noch stärker erinnern und mahnen, dass diese Verbrechen nicht vergessen werden und sich nicht wiederholen.
Wir danken allen Lebenshilfe-Vereinen und Organisationen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen. Lasst uns zusammen laut sein und für eine Gesellschaft kämpfen, in der alle ihren Platz haben.
Ein Aufruf von Christian Sigg, Geschäftsführer der Lebenshilfe Baden-Württemberg
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